Künstliche Intelligenz für die Startup-Portfolio-Konstruktion?

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Zu der Frage, ob künstliche Intelligenz, wie viele VCs derzeit testen, bei der Portfolioauswahl eine wichtige Rolle spielen kann, habe ich schon häufiger geschrieben. Es stellen sich zwei Fragen:

  1. Ist KI, in welcher Ausprägung auch immer, grundsätzlich hilfreich für Investoren, um an lohnende Zielunternehmen zu gelangen?
  2. Kann KI für diese Investoren den entscheidenden Unterschied zwischen Erfolg und Misserfolg ausmachen?

Die erste Frage würde ich unbedingt positiv beantworten, die zweite, ebenso unbedingt, negativ.

Warum kann KI hilfreich sein?

Bei der Auswahl frühphasiger Portfoliounternehmen orientieren sich Angels, VCs, Family Offices, Inkubatoren und Acceleratoren gleichermaßen im Wesentlichen an drei Faktoren:

  1. Produkt bzw. Problemlösungsangebot des Zielunternehmens: alleinstellend, nachgefragt, leicht skalierbar
  2. Zielmarkt des Startups: hinreichend groß und nachhaltig wachsend
  3. Gründerteam: fähig, komplementär, stabil und widerstandsfähig

Die entscheidende Stärke von KI ist ihre, gemessen an uns Menschen, deutlich überlegenere Prognosefähigkeit. Auf der Grundlage a) der ihr aus bisherigen Startup-Erfolgen und Misserfolgen gefütterten Daten und b) der Daten einer jeweils gegenwärtigen Marktsituation kann sie deutlich belastbarer als wir Menschen beurteilen, welche Produkte und welche Märkte heute dem jeweiligen Wettbewerb überlegen und morgen den großen Reibach bringen können. Sie kann Muster erkennen, die uns auch bei gründlichster Analyse verborgen bleiben – eine Analyse, die außerdem schlicht zu teuer und zeitintensiv wäre, um menschlich geleistet werden zu können. Bei den ersten beiden oben genannten Beurteilungsfaktoren ist KI also durchaus sehr hilfreich.

arum kann KI hilfreich sein?

Bei der Auswahl frühphasiger Portfoliounternehmen orientieren sich Angels, VCs, Family Offices, Inkubatoren und Acceleratoren gleichermaßen im Wesentlichen an drei Faktoren:

  1. Produkt bzw. Problemlösungsangebot des Zielunternehmens: alleinstellend, nachgefragt, leicht skalierbar?
  2. Zielmarkt des Startups: hinreichend groß und nachhaltig wachsend?
  3. Gründerteam: fähig, komplementär, stabil und widerstandsfähig?

Die entscheidende Stärke von KI ist ihre, gemessen an uns Menschen, deutlich überlegenere Prognosefähigkeit. Auf der Grundlage a) der ihr aus bisherigen Startup-Erfolgen und Misserfolgen gefütterten Daten und b) der Daten einer jeweils gegenwärtigen Marktsituation kann sie deutlich belastbarer als wir Menschen beurteilen, welche Produkte und welche Märkte heute dem jeweiligen Wettbewerb überlegen und morgen den großen Reibach bringen können. Sie kann Muster erkennen, die uns auch bei gründlichster Analyse verborgen bleiben und die auch schlicht zu teuer wäre, um menschlich geleistet zu werden. Bei den ersten beiden oben genannten Beurteilungsfaktoren ist KI also ausgesprochen hilfreich.

Warum ist diese Hilfe nicht wesentlich?

Allerdings sind diese beiden Faktoren bei frühphasigen Startups mitnichten die entscheidenden. Mit weitem Abstand die wirklich erfolgskritische Erfolgsdimension ist die dritte: Das Gründerteam. Wenn ein Gründerteam mit einem schwachen Geschäftsmodell ein schwaches Produkt in einen uninteressanten Markt zu bringen versuchte, würden Investoren es schwerlich als fähiges Gründerteam ansehen und sowieso die Finger von ihm lassen. Das dritte Beurteilungskriterum implizierte insoweit die beiden ersten, geht allerdings noch weit über beide hinaus.

Angenommen, es stellt sich für Gründer und Investoren erst im Laufe der Zeit heraus, dass ein Produkt keinen Market Fit und/ oder der gewählte Markt nicht interessant genug ist, und das kommt ja nicht selten tatsächlich vor, dann wäre ein fähiges Gründerteam in der Lage, dies erstens rechtzeitig zu erkennen und zweitens, ebenfalls rechtzeitig, einen Pivot hinzulegen. Entweder ein neues Geschäftsmodell und/oder ein neues Produkt und/oder ein anderer Markt würden das Startup also rechtzeitig vor dem Untergang bewahren oder das Team war von Anfang an schlecht gewählt. Ist der Pivot also hinreichend früh, spielt es keine erfolgskritische Rolle, wie interessant der zunächst adressierte Markt oder wie marktfähig die entwickelte Lösung war.

Damit KI also für die Startup-Portfolio-Konstruktion einen entscheidenden Unterschied machen kann, müsste sie auch in der Lage sein, ein aussichtsreiches Gründerteam von einem weniger aussichtsreichen besser separieren zu können als Menschen dazu in der Lage sind. Genau hier aber ist KI dem Menschen hoffnungslos unterlegen.

Menschen haben Vor-Urteile, Maschinen haben gar keine (eigenen)
Wir mögen Vorurteile haben, die unsere Entscheidungen allzu oft fehlerhaft gestalten und diese Vorurteile spielen natürlich auch bei der Auswahl der zu finanzierenden Gründerteams häufig eine unrühmliche Rolle. Doch niemand wird ernsthaft behaupten wollen, eine mit historischen Gründerprofilen gefütterte KI könne belastbarer als ein erfahrener Startup-Investor prognostizieren, ob eine Gründerin oder ein Gründer auf der Grundlage einer spezifischen Markt-, Gründer- und Gesellschafter-Ausgangslage perspektivisch einen attraktiven, die Investorenerwartungen befriedigenden Exit zustande bringen wird.

KI ist – unter Umständen – weniger in Vorurteilen gefangen als Menschen, doch KI ist eben tatsächlich in jedem Fall unfähig, menschliches Verhalten und a forteriori dasjenige von Teams angemessen zu beurteilen. KI hat keine Spiegelneuronen, KI kann weder denken noch fühlen. Sie kann nur absolvieren, wozu erst (einige) Menschen und dann, im Fall von ML, sie selbst sich abgerichtet hat.

So eine KI könnte beispielsweise die Video-Aufzeichnung von Pitches nach angelernten oder selbst weiter ausdifferenzierten Beurteilungskriterien analysieren, würde dabei aber erstens ebenfalls mit den menschlichen Vorurteilen ihrer Trainer hantieren und wäre zweitens sehr viel weniger als noch der vorurteilsgeprägteste Mensch fähig, ein hinreichend differenziertes Bild der betreffenden Personen in ihrem Fit zu den übrigen Stakeholdern zu zeichnen. Denn wir Menschen wissen ja sehr oft selbst gar nicht, warum wir so und nicht anders entscheiden, selbst wenn wir ex post Gründe vorschieben, die unsere Entscheidung im Nachhinein als rational legitimieren sollen. Dieses Wissen bleibt also erst recht der KI vorenthalten. Klar, man könnte argumentieren, das sei doch ein Segen, dass KI eben gerade nicht zwar differenzierte aber eben vorurteilsgeprägte Menschenbilder zeichnet. KI sei eben unbestechlich oder unbestechlicher. Das mag sein, hilft ihr nur eben nicht, weil weder wir Menschen noch erst recht sie weiß, wieso sich manche Menschen mögen und andere eben nicht. Und diese “Chemie” kann eben einen entscheidenden Unterschied machen. Und sie lässt sich eben nicht in empirisch manifeste Handlungen übersetzen.

Bauchgefühl ist nicht zwingend unbegründet

Dass wir nicht wissen, warum wir so und nicht anders entscheiden, heißt nicht zwingend, dass wir deswegen schlecht entscheiden. Wenn uns jemand unsympathisch ist, dann wird es dafür Gründe geben, selbst wenn wir sie rational nicht erfassen können.

Wenn sich eine Investorin oder ein Investor für ein Gründerteam entscheidet, das später ein Unicorn entwickelt, werden beide nicht unbedingt wissen, welchen Beitrag ihre eigene Psyche zu diesem Erfolg beigetragen hat. Mit hoher Wahrscheinlichkeit hat dann aber das Zusammenspiel zwischen Gründern und Investoren nicht sehr schädlich gewirkt. Wenn Gründer und Gründer menschlich nicht zusammenpassen oder menschlich allzu gut zusammenpassen, kann beides schädlich sein. Wenn Gründerin und Investorin nicht zusammenpassen oder allzu gut zusammenpassen, dann gilt das genauso. Der Erfolg eines Startups hängt nicht nur von den Gründerinnen und Gründern, den schwer prognostizierbaren Märkten und der Performance der von ihnen erarbeiteten Lösung in diesen Märkten, sondern außerdem von der Performance der Gesellschafter dieses Startups ab. Ein schlechtes Gründerteam kann ebenso fatale Wirkungen zeitigen wie ein schlechtes Investorenteam. Dieser Faktor wird gerne unterschätzt. Wie würde KI, kontrafaktisch angenommen, sie wäre fähig, belastbar die „Chemie“ unter den Gründern, unter den Investoren und zwischen Gründern und Investoren taxieren, zu einem Urteil gelangen, wenn doch beide Varianten, die gute und die schlechte Chemie, zu Erfolg aber eben auch zu Misserfolg führen können?

Der Glaube, KI könne VCs und anderen Investoren die künftigen Unicorns reihenweise auf dem Silbertablett servieren, ist abwegig. Doch das bedeutet, wie gesagt, nicht, dass sie als Werkzeug nicht hilfreich sein kann. Man muss sie sich eben als Luxus-Tool leisten können.

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