Über Startup Governance, Boards und Beiräte

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Über die Feiertage habe ich mir – erneut – jetzt in der jüngsten dritten Ausgabe (2022) Peter Cowleys Angel-Ratgeber „The Invested Investor“ durchgelesen. Ich halte das Buch, auch für deutsche Business Angels, nach wie vor für das authentischste, kompakteste, verständlichste, wertvollste, kurz das mit Abstand beste „Lehrbuch“ in Sachen Angel Investing. Das will deswegen etwas heißen, weil der vor wenigen Wochen verstorbene Cowely für ein britisches Angel-Publikum schrieb. Damit sind Teile seines Buches auf deutsche Verhältnisse gar nicht übertragbar. Wir haben ein anderes Steuerrecht, ein anderes Gesellschaftsrecht und – leider – auch eine andere, bescheidenere Förderkulisse.

Board of Directors vs. Beirat

Besonders augenfällig wird der Unterschied zwischen Deutschland und dem Vereinigten Königreich bei Cowleys Tipps für das Board of Directors. Ein solches Board kennt das GmbH-Gesetz nicht. Unser Gesellschaftsrecht trennt scharf zwischen  Managern auf der einen Seite und Gesellschaftern auf der anderen. Bei uns nehmen Gesellschafter über Gesellschafter- und/oder Beiratsbeschlüsse Einfluss auf ihre Beteiligungen.

Über die Vor- und Nachteile beider Systeme könnte man lange streitig diskutieren, solange nicht von Startups die Rede ist. Sprechen wir von Startups, ist die Überlegenheit des angelsächsischen Systems nicht von der Hand zu weisen. Es ist offensichtlich.

Board-Überlegenheit ist eine Folge der Logik

Zunächst einmal spricht für das angelsächsische System die schlichte Logik: Gründer sind maßgebliche Investoren; sie investieren zwar „nur“ ihren Schweiß und nicht oder kaum ihr Geld. Letzteres kommt, jedenfalls überwiegend, von den Angels, VCs und Family Offices. Das soll man nicht gering schätzen, da die übrigen Gesellschafter sonst wohl kaum ihr Geld dazu gegeben hätten. Gründerinnen und Gründer sind aber hierzulande in beinahe allen Fällen zugleich das (einzige maßgebliche) Management frühzeitiger Startups. Als Geschäftsführer exekutieren sie Gesellschafter-Interessen, als Gründer-Geschäftsführer außerdem ihre individuellen. Das ist tendenziell schizophren. Das System ist pathologisch. Niemand kann in allen Situationen und schon gar nicht in kritischen, beiden Interessen gleich gut dienen.

Im angelsächsischen System ist Sweat Money im Management Board explizit über Gründerinnen und Gründer und/oder deren Repräsentanten vertreten – allerdings neben den ebenso berechtigten Interessen der übrigen Gesellschafter und häufig außerdem neben der interesselosen Expertise fachlicher Koryphäen – Branchen- Koryphäen, funktionalen Koryphäen, organisationalen Koryphäen – diese oft sogar als Chefs dieser Boards. Wenn das Board Entscheidungen trifft, dann sind diese unterschiedlichen Perspektiven auf einen bestmöglichen gemeinsamen Nenner zu bringen.

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