Julian von Hassell Profil (Last Update: 03.01.2024)

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Seit 2003 beschäftige ich mich ohne Unterbrechung in der deutschen Start-up und Venture Capital-Szene als Serial Entrepreneur, Investor und Business Angel. Am 30.09.2020 wählte mich die Mitgliederversammlung des Baltic Business Angels Schleswig-Holstein e.V. zum 1. Vorsitzenden seines Vorstands. Am 27. April 2022 erfolgte meine erste Wiederwahl, am 26. März 2024 die zweite.

Mein Hauptaugenmerk als Angel gilt frühphasigen B2B-Technologie-Startups mit erstem Track Record. Im Regelfall investiere ich je Zielunternehmen 100 TEUR. Da ich normalerweise keine follow-on Investments im Rahmen späterer Finanzierungsrunden leiste, ist eine faire Bewertung zum Zeitpunkt meines Investments für mich key. Meine Rendite-Erwartung liegt bei einem Multiple von mindestens 5 auf mein eingesetztes Kapital innerhalb eines Zeithorizonts von 7-10 Jahren.

Präferiertes Geschäftsmodell

Internet-Plattformen waren lange mein präferiertes Geschäftsmodell. Natürlich ist der Markt inzwischen weitestgehend abgegrast, doch es gibt einen riesigen See an zuliefernden Plattformlösungen im Data Analytics-Umfeld: Mit Schaufeln lässts sich schneller zu Potte kommen als mit dem Garten, für den sie gedacht sind.

IIoT in Deutschland schwierig

Mein Branchenfokus lag eine ganze Weile auf IIoT, Industrial Internet of Things. Die Verknüpfung von “deutscher Industrie”, “deutschem Maschinenbau” und “deutscher KI-Kompetenz” klang für viele Investoren, auch für mich, über Jahre sehr verlockend. Doch der deutsche Industriestandort ist angeschlagen – auch weil mindestens im industriellen Mittelstand bis heute überwiegend die Bereitschaft fehlt, KI im Shopfloor jenseits kleiner, halbherziger Pilotversuche unternehmensweit einzusetzen. In Amerika und Asien sieht die Welt anders aus. Dort sind lokale Angels und global agierende VCs unterwegs. Der deutsche Markt wird kommen. Für mich als Angel jedoch zu spät. Daher habe ich inzwischen von IIoT und Industrial AI Abstand genommen.

Deep Tech?

Als Angel investiere ich auch nicht mehr in die derzeit sehr stark gehypte Deep Tech: Viele über Jahre aufwändig entwickelte innovative Technologien wurden, als sie den Markt endlich betraten, von anderen Technologien überholt. Wer erinnert sich heute noch an Blue-ray? Hinzu kommt, dass Deep Tech-Gründer aus Deutschland sich meist sowohl den akademischen als auch den Gründerlebensweg offen halten wollen. Das geht meistens schief. Mit halber Kraft lässt sich kein Staat machen. Schließlich fehlt diesen produkt- und technologiegetriebenen Gründerinnen und Gründern sehr oft das für den unternehmerischen Erfolg wesentliche Vertriebsgen. Ausnahmen bestätigen natürlich wie immer die Regel. Im angelsächsischen Raum und Startup-affineren Regionen wie Israel oder Ostasien ist es üblicher als in Deutschland, dass Deep Tech – Gründer sich mit betriebswirtschaftlicher CEO- und COO-Expertise verbinden.

Web 3.0

Einer meiner neuen Fokus ist web3. Hier allerdings interessieren mich nicht Cryptocurrencies oder NFTs. Stattdessen sehe ich im Einzelhandel, zumal im regulatorischen ESG-Kontext, bei Food-basierten FMCGs und in der Logistik sehr große Potenziale für blockchainbasierte Lösungen.

Digital Health

Darüberhinaus bin ich nach wie vor gerne im Digital Health-Markt unterwegs, da Deutschland hier einen über Jahre angestauten Nachholbedarf hat, der erst seit September 2020 über die Abrechnungsfähigkeit digitaler Gesundheits-Anwendungen (DiGA) endlich auf zahlungsbereite und -fähige Kassen trifft. Inwieweit durch die elektronische Patientenakte ein zusätzlicher Schub entstehen wird, bleibt abzuwarten.

Product Market Fit (PMF)?

PMF ist im StartUp-Ökosystem als Early Stage-Meilenstein so etwas wie der heilige Gral. Von dem von mir geschätzten Netscape Co-Founder Marc Andreessen (Andreessen Horowitz) in die Welt gesetzt, scharten sich in den letzten Jahren Heerscharen von Wissenschaftlern und VC-Tüftlern um dieses Thema und entwickelten es zu einer kennzahlengespickten Disziplin, an der kein Startup vorbei gelangt. Leider! Denn PMF müsste für Startups, die zu Blauen Ozeanen aufbrechen oder Disruptionen bewirken wollen, eigentlich schon semantisch eine Zumutung sein. Andreessen schreibt: “Product Market Fit bedeutet, sich in einem guten Markt zu befinden und mit seinem Produkt diesen Markt befriedigen zu können.” Das ist eine beinahe tautologische Formel à la: “Erfolg hat man, wenn man erfolgreich ist”. Und sie ist trotzdem falsch: Wie soll das Runde in das Eckige finden, wenn das Eckige noch gar nicht da ist? Und: Kein einziger der heute gefeierten Gründer-Heroen ist selbst so vorgegangen.

Metaverse?

Beispiel Metaverse: AR/VR/MR-Lösungen von StartUps krebsen seit zwanzig Jahren im B2C-Unterhaltungs- und Games-Markt herum und kamen bis jetzt auf keinen grünen Zweig. Im B2B-Umfeld sieht die Welt anders aus. Es gibt im B2C keinen Markt, keinen Need, denn gute Games gehorchen der User-Suche nach gutem Game Design und nicht der nach einer real aussehenden fingierten Wirklichkeit. Gute Games entführen, ganz ohne VR-Schnickschnack, in eine virtuelle Welt. Das Add-on einer gefakten physischen Welt, lenkt eher ab, als dass es wirkt. Mal ehrlich: Wer nutzt VR-Brillen im CinemaxX?

Auch Zuckerbergs Metaverse findet keinen Markt. Bis heute nicht. Doch Zuckerberg hat genug Geld, um seinen Markt zu machen, statt ihn zu suchen. Den benötigt er, um weiter wachsen zu können. Die Meta-Bestandsprodukte Facebook, INSTAGRAM und WhatsApp wuchsen nicht mehr, weil ihre Bestandsmärkte ausgereizt waren. Meta muss den AR/VR/MR-Need schaffen, um im virtuellen Raum weiter echte Daten sammeln zu können. Meta macht das langsam, beständig und erfolgreich. Längst sind die anderen großen Player von Apple und Microsoft über Google bis zu Elon Musk auf den Zug aufgesprungen. Die Großen haben das Geld und die Zeit, PMF herzustellen. Noch einmal: Sie schaffen mit sehr viel Geld diesen Need, sie suchen ihn nicht. Zuckerbergs Meta ist eine self-fulfilling prophecy. Ob diese Strategie weniger zahlungskräftigen Startups im Wege von Guerilla-Marketingstrategien gelingen kann, ist schwer einzuschätzen, doch für mich eher fraglich. Die Zeit dazu haben sie nämlich nicht. Um an VC-Geld zu gelangen, ist sehr schnelles Wachstum key.

Viele erfolgreiche M & A – Transaktionen                          

Mein Gesellenstück als CEO war die Restrukturierung der 2002 von einem Geschäftspartner aus der Insolvenzmasse der börsennotierten agiplan Technosoft AG, Essen/ Frankfurt a.M., erworbenen Immobilien-Management-Software Kopernikus (Kopernikus Software GmbH) in den Jahren 2003-2005. Diese durch den Verkauf an einen strategischen Wettbewerber erfolgreich gelöste Aufgabe unmittelbar nach dem Platzen der Internetblase und ohne nennenswerte Führungs-, geschweige denn Startup-Erfahrung, motivierte mich, mein dabei erworbenes Praxis-Wissen Startups und Investoren gegen Equity hauptberuflich zur Verfügung zu stellen.

Börsengänge, Financial Engineering, Expansion

In den Jahren 2005 bis 2017 war ich maßgeblich an einer Vielzahl erfolgreicher M & A-Transaktionen mit Volumina zwischen 100 TEUR und 80.000 TEUR beteiligt. Als CEO und Aufsichtsrat diverser Unternehmen realisierte ich erfolgreich Börsengänge, bereinigte Distressed Entities und ermöglichte Wachstum und Expansion über A-, B- und C-Finanzierungsrunden, Trade Sales und andere Exits.

Julian Von Hassell

Meisterprüfung: Reverse Acquisition

In 2012 erhielt ich das Angebot zum Aufbau eines bereits börsengelisteten Inkubators in CH-Zug. Schnell wurde mir klar, dass das Geschäftsmodell von Inkubatoren börsenuntauglich ist. Daher initiierte ich die Stilllegung der Gesellschaft und veräußerte die Beteiligungen überwiegend an eine bereits am Standort Berlin im Freiverkehr gelistete Aktiengesellschaft, die mein Auftraggeber mehrheitlich übernahm. Das erfolgreiche Financial Engineering für die weitgehend bargeldlose mehrheitliche Übernahme der Gesellschaft und ihrer neuen Beteiligungen unter meiner Leitung betrachte ich als meine “Meisterprüfung”.

Steigerung der Marktkapitalisierung in neun Monaten um ~ 300%

Im Mai 2015 führte ich die Social Commerce Group SE als CEO in den General Standard der Frankfurter Wertpapierbörse. Bis Juni 2016 veräußerte ich sämtliche unserer Startup-Beteiligungen, erwarb im Gegenzug knapp 50 Prozent der restlichen Anteile der bereits mehrheitlich zu uns gehörenden staramba GmbH und realisierte dann einen Upstream Merger mit dieser einzigen uns verbliebenen 100-prozentigen Beteiligung. Anschließend wandelte ich unsere im Inkubationsgeschäft groß gewordene Gesellschaft innerhalb eines Zeitfensters von neun Monaten in ein operatives 3D-Technologieunternehmen unter dem neuen Namen staramba SE. In 2017, dem Jahr meines Ausscheidens als CEO, konnte die Gesellschaft mit einer Marktkapitalisierung von deutlich über 100 Mio. € aufwarten.

Leider führten meine Nachfolger als geschäftsführende Direktoren und Verwaltungsräte die inzwischen unter dem Namen NEXR Technologies SE firmierende Gesellschaft im Frühjahr 2023, sechs Jahre nach meinem Ausscheiden, in die Insolvenz. Unter anderem hatten die nach mir kommenden geschäftsführenden Direktoren dem fünfköpfigen Verwaltungsrat der Gesellschaft wiederholt nicht testierfähige Jahresabschlüsse vorgelegt, die letzterer gleichwohl feststellte. Die von mir bereits 2018 angefochtene Entlastung sämtlicher Organmitglieder der staramba SE bzw. NEXR Technologies SE, die für die Auf- und Feststellung des Jahresabschlusses 2017 verantwortlichen waren, wurde am 24. Mai 2023 vom Berliner Kammergericht letztinstanzlich für nichtig erklärt.

Wissenschaftstheorie, Logik und Geschichte

Ich studierte Philosophie, Logik, Wissenschaftstheorie und Wissenschaftsgeschichte in München (LMU) und Cambridge, England und schloss das Studium im Jahr 1985 mit einem Master of Philosophy in Wissenschaftstheorie und Wissenschaftsgeschichte der Cambridge University (Hughes Hall), ab.

Ich lebe im schleswig-holsteinischen Uetersen. Bis September 2024 hatte ich außerdem einen zweiten Wohnsitz in Berlin Mitte. Mein Büro ist in Hamburg.

Julian v. Hassell