Seit 2003 beschäftige ich mich ohne Unterbrechung in der deutschen Start-up und Venture Capital-Szene als Serial Entrepreneur, Investor und Business Angel. Am 30.09.2020 wählte mich die Mitgliederversammlung des Baltic Business Angels Schleswig-Holstein e.V. zum 1. Vorsitzenden seines Vorstands. Am 27. April 2022 erfolgte meine Wiederwahl.
Mein Hauptaugenmerk als Angel gilt frühphasigen B2B-Technologie-Startups mit erstem Track Record. Im Regelfall investiere ich je Zielunternehmen 100 TEUR. Da ich normalerweise keine follow-on Investments im Rahmen späterer Finanzierungsrunden leiste, ist eine faire Bewertung zum Zeitpunkt meines Investments für mich key. Meine Rendite-Erwartung liegt bei einem Multiple von mindestens 5 auf mein eingesetztes Kapital innerhalb eines Zeithorizonts von 5-7 Jahren.
Präferiertes Geschäftsmodell
Internet-Plattformen sind mein präferiertes Geschäftsmodell. Natürlich ist der Markt inzwischen weitestgehend abgegrast, doch es gibt einen riesigen See an zuliefernden Plattformlösungen im Data Analytics-Umfeld: Bisweilen lässt sich mit Schaufeln schneller zu Potte kommen als mit dem Garten, für den sie gedacht sind.
IIoT in Deutschland schwierig
Mein Branchenfokus lag eine ganze Weile auf IIoT, Industrial Internet of Things. Die Verknüpfung von “deutscher Industrie”, “deutschem Maschinenbau” und “deutscher KI-Kompetenz” klang für viele Investoren, auch für mich, über Jahre sehr verlockend. Doch der deutsche Industriestandort ist angeschlagen – auch weil mindestens im industriellen Mittelstand die Bereitschaft fehlt, KI im Shopfloor jenseits kleiner, halbherziger Pilotversuche unternehmensweit einzusetzen. In Amerika und Asien sieht die Welt anders aus. Dort sind lokale Angels und global agierende VCs unterwegs. Auch der deutsche Markt wird kommen. Für mich als Angel jedoch zu spät. Da Angels weniger risikoorientiert sein können als beispielsweise VCs und mindestens deutsche Angels einen vergleichsweise großen Heimatmarkt an alternativen Kapital suchenden frühphasigen StartUps vorfinden, habe ich inzwischen von IIoT und Industrial AI Abstand genommen.
Deep Tech für Angels?
Als Angel investiere ich auch nicht mehr in Deep Tech. Das Risiko ist mir zu groß. Viele über Jahre aufwändig entwickelte innovative Technologien wurden, als sie den Markt endlich betraten, von anderen Technologien überholt. Wer erinnert sich heute noch an Blue-ray?
Hinzu kommt, dass Deep Tech-Gründer sehr oft einen allzu hochschul- bzw. forschungsnahen Lebenslauf besitzen und sich zu oft den akademischen und den Gründerlebensweg offen halten. Das geht meistens schief. Mit halber Kraft lässt sich kein Staat machen.
Schließlich fehlt diesen produkt- und technologiegetriebenen Gründerinnen und Gründern sehr oft auch das für den unternehmerischen Erfolg wesentliche Vertriebsgen. Ausnahmen bestätigen natürlich wie immer die Regel.
Web 3.0
Einer meiner neuen Fokus ist web3. Hier allerdings interessieren mich nicht Cryptocurrencies oder NFTs. Stattdessen sehe ich im Einzelhandel, zumal im regulatorischen ESG-Kontext, bei Food-basierten FMCGs und in der Logistik sehr große Potenziale für blockchainbasierte Lösungen.
Digital Health
Darüberhinaus bin ich nach wie vor gerne im Digital Health-Markt unterwegs, da Deutschland hier einen über Jahre angestauten Nachholbedarf hat, der erst seit September 2020 über die Abrechnungsfähigkeit digitaler Gesundheits-Anwendungen (DiGA) endlich auf zahlungsbereite und -fähige Kassen trifft. Inwieweit durch die elektronische Patientenakte ein zusätzlicher Schub entstehen wird, bleibt abzuwarten.
Product Market Fit (PMF)?
PMF ist im StartUp-Ökosystem als Early Stage-Meilenstein so etwas wie der heilige Gral. Von dem von mir geschätzten Netscape Co-Founder Marc Andreessen (Andreessen Horowitz) in die Welt gesetzt, scharten sich in den letzten Jahren Heerscharen von Wissenschaftlern und VC-Tüftlern um dieses Thema und entwickelten es zu einer kennzahlengespickten Disziplin bzw. Geheimwissenschaft, an der kein StartUp vorbei gelangt. Leider!
Denn in meinen Augen ist PMF, zumal für StartUps, die zu Blauen Ozeanen aufbrechen oder Disruptionen bewirken wollen, schon semantisch eine Zumutung. Andreessen schreibt: “Product Market Fit bedeutet, sich in einem guten Markt zu befinden und mit seinem Produkt diesen Markt befriedigen zu können.” Das ist eine beinahe tautologische Formel à la: “Erfolg hat man, wenn man erfolgreich ist”. Und sie ist trotzdem falsch: Wie soll ein Need für neue Produkte in neuen Märkten, also Märkten, die erst im Entstehen begriffen sind und von diesen Gründern entwickelt werden sollen, belastbar getestet werden? Anders formuliert: Wie soll das Runde in das Eckige finden, wenn das Eckige noch gar nicht da ist? Die Vorstellung ist absurd. Und: Kein einziger der heute gefeierten Gründer-Heroen ist je selbst so vorgegangen.
Metaverse?
Beispiel Metaverse: AR/VR/MR-Lösungen von StartUps krebsen seit bald zwanzig Jahren im B2C-Unterhaltungs- und Games-Markt herum und kamen bis jetzt auf keinen grünen Zweig. Es gibt keinen Markt, keinen Need, denn gute Games gehorchen der User-Suche nach gutem Game Design und nicht der nach einer real aussehenden digital fingierten Wirklichkeit. Gute Games entführen ganz ohne VR-Schnickschnack in eine virtuelle Welt. Die Ablenkung bzw. das Add-on einer gefakten physischen Welt lenkt eher ab als dass es wirkt. Mal ehrlich: Wer nutzt VR-Brillen im 3D-Kino?
Doch dann kam Zuckerbergs Metaverse – fand allerdings auch keinen Markt. Bis heute nicht. Doch Zuckerberg hat das Geld, den Metaverse-Hype solange kommunikativ am Leben zu halten, bis der Markt eines fernen Tages tatsächlich da sein wird. Er sucht keinen Product Market Fit. Er macht ihn. Er benötigt ihn deswegen, weil die Märkte der Metaverse-Bestandsprodukte Facebook, INSTAGRAM und WhatsApp ausgeschöpft sind. Zuckerberg muss den AR/VR/MR-Need schaffen, um weiter wachsen zu können. Und er macht es langsam aber wahrscheinlich erfolgreich. Längst sind die anderen großen Player von Apple und Microsoft über Google bis zu Elon Musk auf den Zug aufgesprungen. Die Großen haben das Geld und die Zeit, PMF herzustellen. Doch noch einmal: Sie schaffen diesen Need, sie suchen ihn nicht. Ob diese Strategie weniger zahlungskräftigen StartUps im Wege von Guerilla-Marketingstrategien gelingen kann, ist schwer einzuschätzen. Die benötigte Zeit haben sie jedenfalls in aller Regel nicht.
Viele erfolgreiche M & A – Transaktionen
Mein Gesellenstück als CEO war die Restrukturierung der 2002 von einem Geschäftspartner aus der Insolvenzmasse der börsennotierten agiplan Technosoft AG, Essen/ Frankfurt a.M., erworbenen Immobilien-Management-Software Kopernikus (Kopernikus Software GmbH) in den Jahren 2003-2005. Diese durch den Verkauf an einen strategischen Wettbewerber erfolgreich gelöste schwierige Aufgabe unmittelbar nach dem Platzen der Internetblase, ohne nennenswerte Führungs-, geschweige denn Startup-Erfahrung, motivierte mich, mein dabei erworbenes Praxis-Wissen Start-ups und Investoren gegen Equity hauptberuflich zur Verfügung zu stellen.
Börsengänge, Financial Engineering, Expansion
In den Jahren 2005 bis 2017 war ich maßgeblich an einer Vielzahl erfolgreicher M & A-Transaktionen mit Volumina zwischen 100 TEUR und 80.000 TEUR beteiligt. Als CEO und Aufsichtsrat zahlreicher Unternehmen realisierte ich erfolgreich Börsengänge, bereinigte Distressed Entities und ermöglichte Wachstum und Expansion über A-, B- und C-Finanzierungsrunden, Trade Sales und andere Exits.

Meisterprüfung: Reverse Acquisition
In 2012 erhielt ich das Angebot zum Aufbau eines bereits börsengelisteten Inkubators in CH-Zug. Schnell wurde mir klar, dass das Geschäftsmodell von Inkubatoren börsenuntauglich ist. Daher initiierte ich die Stilllegung der Gesellschaft und veräußerte die Beteiligungen überwiegend an eine bereits am Standort Berlin im Freiverkehr gelistete Aktiengesellschaft, die mein Auftraggeber mehrheitlich übernahm. Das erfolgreiche Financial Engineering für die weitgehend bargeldlose mehrheitliche Übernahme der Gesellschaft und ihrer neuen Beteiligungen unter meiner Leitung betrachte ich als meine “Meisterprüfung”.
Steigerung der Marktkapitalisierung in neun Monaten um ~ 300%
Im Mai 2015 führte ich die Social Commerce Group SE als CEO in den General Standard der Frankfurter Wertpapierbörse. Bis Juni 2016 veräußerte ich sämtliche unserer Startup-Beteiligungen, erwarb im Gegenzug knapp 50 Prozent der restlichen Anteile der bereits mehrheitlich zu uns gehörenden staramba GmbH und realisierte dann einen Upstream Merger mit dieser einzigen uns verbliebenen 100-prozentigen Beteiligung. Anschließend wandelte ich unsere im Inkubationsgeschäft groß gewordene Gesellschaft innerhalb eines Zeitfensters von neun Monaten in ein operatives 3D-Technologieunternehmen unter dem neuen Namen staramba SE. In 2017, dem Jahr meines Ausscheidens als CEO, konnte die Gesellschaft mit einer Marktkapitalisierung von deutlich über € 100 Mio. aufwarten.
Leider führten meine Nachfolger als geschäftsführende Direktoren und Verwaltungsräte die inzwischen unter dem Namen NEXR Technologies SE firmierende Gesellschaft im Frühjahr 2023, sechs Jahre nach meinem Ausscheiden, in die Insolvenz.
Unter anderem hatten geschäftsführende Direktoren dem fünfköpfigen Verwaltungsrat der Gesellschaft wiederholt nicht testierfähige Jahresabschlüsse vorgelegt, die letzterer gleichwohl feststellte. Die Entlastung sämtlicher Organe der staramba SE bzw. NEXR Technologies SE, die für die Auf- und Feststellung des Jahresabschlusses 2017 verantwortlichen waren, wurde auf mein Betreiben am 24. Mai 2023 vom Berliner Kammergericht letztinstanzlich für nichtig erklärt.
Wissenschaftstheorie, Logik und Geschichte
Ich studierte Philosophie, Logik, Wissenschaftstheorie und Wissenschaftsgeschichte in München (LMU) und Cambridge, England und schloss das Studium im Jahr 1985 mit einem Master of Philosophy in Wissenschaftstheorie und Wissenschaftsgeschichte der Cambridge University (Hughes Hall), ab.
Ich lebe im schleswig-holsteinischen Uetersen und in Berlin. Mein Büro ist in Hamburg.